Kleine Zeitung - 25.09.2011

Kraft und Lächerlichkeit

Religion und deren Bilder zwischen Macht und Tröstung: "IrREALigious!" belegt mit Werken von mehr als 20 Künstlern die Vielfältigkeit der Auseinandersetzung.



"Zweite Welten" hat der "steirische herbst" bekanntlich als Motto seiner diesjährigen Angebote ausgegeben. Das Kulturzentrum bei den Minoriten nimmt es auf – die Zweite Welt, in welche "IrREALigious!" (Kurator: Johannes Rauchenberger) führt, ist jene der Religion und damit verbundener Bilder. Der Titel verweist auch auf das Spannungsfeld: Was für die einen ganz wirklicher Bestandteil ihres Lebens ist, scheint anderen als irreale Verirrung.

   "Kreuzweg 2011" haben Anna und Bernhard Blume ihre letzte gemeinsame Arbeit (Bernhard starb am 1. September 73-jährig) genannt, "Katholischen Konstruktivismus" (selbst-)ironisch das Genre. Der 70-teilige Zyklus "Prinzip Grausamkeit" belegt den Umgang des Künstlerpaares mit "großen" Themen ebenfalls: respektlos, aber nicht oberflächlich, komisch, aber ernst.

   Repräsentation

   Bilder katholischer Repräsentation sind Inhalt eines Videos von Korpys/Löffler. Bilder, aufgenommen bei verschiedenen Auftritten von Johannes Paul II. Bilder, wirklich und irreal zugleich.

   Die Sprache der Bibel liefert Hannes Priesch und Daphna Weinstein Material für sehr unterschiedliche Werke. Der in den USA lebende Priesch berichtet einerseits in einem elfteiligen Gemäldezyklus vom schier absurden Handel um ein Bild mit einem Text des Propheten Joel. Andererseits vom "Trick" von Verteidigungsminister Rumsfeld, auf Kriegsberichte für Präsident Bush Bibelzitate zu schreiben.

   Daphna Weinstein schneidet aus Stanniolpapier die hebräischen Wörter der Genesis, füllt sie in Konservengläser und macht neue Textzusammensetzungen möglich.

   Die dezidiert feministischste von insgesamt 21 Positionen nimmt Marianne Maderna im Video "Woman as Pope" ein. Unterlegt von zorniger Metalmusic lenkt die Künstlerin die Aufmerksamkeit auf Defizite, auf die hinzuweisen nach wie vor kein Einrennen von offenen Türen ist: "Am Anfang hatten sie keine Mützen", schreibt Maderna, weder Tiara noch Turban.

WALTER TITZ
wukonig.com