Kronen Zeitung - 02.10.2011

Pralle Bilder auf Burgerweckerln

Ein bisschen Unruhe hat es im Vorfeld von "Gólgota Picnic" gegeben.



Und die 12.000 Burgerweckerln auf der Bühne lassen Wüstes erwarten. Zu sehen bekommt man dann einen Abend, der eine höchst seltsame Dramaturgie aufweist: ein bild- und wortgewaltiges Spektakel kombiniert mit einem Haydn-Klavierkonzert.

   Die fünf Akteure in Garcias Weltengericht "Gólgota Picnic"

   Unterschiedlicher könnten die Teile, aus denen Garcia sein "Gólgota Picnic" zusammensetzt kaum sein. Am Beginn steht das Lamentieren des gefallenen Engels, dass er die Menschheit nichts Schreckliches mehr lehren kann - schließlich ist alles schon passiert. Der weitere Verlauf des Abends steigert sich dann immer bildhafter in eine Negation, die in erster Linie sprachlich transportiert wird. Dass man in diesem Fall mit der visuellen Umsetzung nicht nachkommt, liegt auf der Hand. Auch wenn man in Zitaten schwelgt, und dabei die Kunstgeschichte ebenso bemüht, wie das Kino, oder medial verbreitete Bilder, die längst Teil unserer kollektiven Erinnerung sind.

   Von Giotto bis zum Nitsch'schen Orgien-Mysterien-Theater, von "Basic Instinct" bis zum Turiner Grabtuch reichen die visuellen Anspielungen, die dann auch in einer "Verdammung" der Kunst als Propaganda des Schreckens münden. Aber keine Sorge, mit Ironie geht Rodrigo Garcia in seiner überbordenden Bilderflut freizügig um.

   Der Text wird zwar gewollt monoton vorgetragen, prasselt aber dennoch auf einen hernieder. Da ist große Weisheit zu finden, aber auch nicht weniger große Banalität. Und überraschend viel Schönheit.

   Die regiert auch im Gegenpol zur prallen Bühnenwelt. Wenn Pianist Marino Formenti Haydns "Sieben letzte Worte unseres Erlösers am Kreuze" spielt, ruht das Chaos, spricht gleichsam das Göttliche. Nur dass er nackt spielt, ist ein bisschen zu pathetisch.

   Die von dem kleinen Grüppchen christlicher Demonstranten vor dem Orpheum befürchtete Blasphemie bleibt aus; hier geht einer vielmehr mit den Missständen unserer Zeit (die mitunter auch durchaus der Religion entwachsen) ins Gericht. Auf pralle, wüste, orgiastische, schöne Weise.


Michaela Reichart
wukonig.com