Salzburger Nachrichten - 24.09.2011

Alternative Spuren ziehen und neu denken

"steirischer herbst". Das Festival mit dem Motto "Zweite Welten" wird mit "Cesena" von De Keersmaeker und Schmelzer eröffnet.



Neunzehn Tänzer und Sänger, die sich behutsam der Musik aus einer anderen, längst vergangenen Welt annähern, die Geschichte eines historischen Massakers erzählen und über die (eigene) Körperlichkeit reflektieren: Mit "Cesena", einem musikalischen Tanzstück von Anna Teresa De Keersmaeker und Björn Schmelzer wurde Freitagabend in der Grazer Helmut-List-Halle der "steirische herbst" eröffnet. Stimmige Zugabe zum Auftaktevent: "War Songs" der extrovertierten Trash-Diva Mary Ocher. Klagelieder zum Seufzen, schrille Protestsongs zum Fäusteballen.

   Intendantin Veronica Kaup-Hasler, die heuer "Zweite Welten" als "herbst"-Generalmotto auserkoren hat, kündigte einen Parcours aus utopischen und parallelen Welten an: "Zweite Welten sind auch Möglichkeiten, etwas anders zu denken, und das, was wir als erste Welt begreifen, zu hinterfragen." Das Leitmotiv, meint die Intendantin, appelliere an eine "gesellschaftspolitisch notwendige Beharrlichkeit: Die viel beschworene Alternativlosigkeit darf nicht einfach als alternativlos hingenommen werden."

   Im Rahmen des bis 16. Oktober dauernden Festivals sollen "gedankliche Alternativen" vorgestellt werden, "Denkmodelle, als Hebel für Paradigmenwechsel, die uns plötzlich die Dinge anders sehen lassen". Kaup-Hasler und ihr Team haben mit über 100 Veranstaltungen und 13 Ausstellungen ein Programm entworfen, das "reich an sehr unterschiedlichen Weltentwürfen" sein soll. Heute, Samstag, wird der von der Künstlerin Marusa Sagadin konzipierte "Festivaldistrikt" in der Mariahilfer Straße eröffnet, der von sich behauptet, eine "Stadt in der Stadt" zu sein. Im "Zimmer 113" des Hotels warten etwa Überraschungen, den Auftakt macht eine Klanginstallation von Hans Rosenström "für je einen Besucher".

Martin Behr
wukonig.com