Kleine Zeitung - 15.10.2011

Und die Matrix lässt grüßen

Eine Miniaturstadt aus Papiersäcken, Körper aus Plastiksäcken und der eigene Körper im Sarg: Die drei letzten großen herbst-Performances führen auf Hügel von Menschenleibern, in den Kongo, an den Südpol.



Jan Ritsema.

Den Theaterraum betreten heißt, eine Stadtarchitektur aus gefalteten Papiersäcken niederzutrampeln. Dann kann es losgehen, mit dem Vortrag einer Erschossenen und einem Juristen, der sich zwischen Liebe und Zynismus für das Richtige entscheiden will, mit Fragen an die Kunst, mit Entspannungsübungen und Rundtänzen. Und mit Fragen, die kein Mensch beantworten kann: Würde man sich eher von Gaddafi oder von Sarkozy aufs Kreuz legen lassen? Ändert sich die Welt, wenn man sie aus einem anderen Blickwinkel betrachtet? Wie einsam kann man sich fühlen, wenn man auf einem Hügel aus Menschenleibern hockt?

"Shakespeare‚s As You Like It, A Body Part" heißt das Stück, das Jan Ritsema gemeinsam mit 18 Performern und Choreografen zum Besten gibt. Scheinbar wird im Dom im Berg ein Film gedreht; das dient dem Kollektiv zum Vorwand einer pointenreichen Improvisationsshow, die gängige Vorstellungen von Theater kräftig überdehnt.

Ritsema, 1945 in Amsterdam geboren, ist bekannt dafür, sein Publikum zu strapazieren: Bühnen- und Zuschauerraum sind aufgelöst, die Erzählung bleibt offen, fragmentarisch. Diesem Anspruch werden die gut 120 Minuten bestens gerecht – zumindest dann, wenn man sich mitten ins Geschehen traut. Das fiel am Premierenabend nicht jedermann leicht. Dafür hatten die Performer (ansteckenden) Spaß.

Ute Baumhackl
wukonig.com