Kronen Zeitung - 01.10.2011

In Schönheit sterben

Miguel Gutierrez beim "steirischen herbst":



Die vom Band kommende Stimme Cecilia Bartolis bildet die Klammer für Miguel Gutierrez' Soloperformance "Heavens what have I done" im Grazer Dom im Berg: Ein 45-minütiger Abend in dem Poesie, Ironie, Manieriertheit, Egozentrik und Leichtigkeit verschmelzen.

Der New Yorker Performer Miguel Gutierrez beim "herbst" im Dom im Berg.

Die ersten Minuten erinnern an Stand-Up-Comedy. Gutierrez, als Mischung zwischen Clown und Drag Queen geschminkt, bereitet sich auf die Performance vor und erzählt währenddessen vom Künstlerdasein. Von Rückenschmerzen, von zu teuren Tanzschuhen, Problemen mit dem Kostümbildner, vom gedanklichen Ringen mit der Theorie des Tanzes usw.

Guiterrez tut das so pointenreich und charmant, dass sein Gejammere dem Publikum einen breiten Grinser aufsetzt. Er streift sich eine Barockperücke auf, wirft Münzen auf den Boden (Zitat: "An alle Dramaturgen - das hat jetzt keinen tieferen Sinn."), und richtet sich sein Soundsystem ein. Über der bizarren Szenerie schwebt der balsamische Mezzo von Cecilia Bartoli.

Dann wird die Sache plötzlich ernst: Zur Kakophonie übereinandergeschichteter Slogans tanzt Gutierrez sich die Seele aus dem Leib. Am Ende des Ausbruchs landet er plötzlich bei der Bartoli, folgt ihrem Gesang und bietet im "Duett" ein wunderschönes Bild eines allmählichen Schwächerwerdens, eines Untergangs in vollendeter, manierierter Schönheit. Knappe 45 Minuten dauert die Sache und sie ist prall gefüllt mit der Poesie der Kunst und Nüchternheit des Künstlerdaseins, mit Egozentrik, Exhibitionismus und Ironie.

Martin Gasser
wukonig.com