Kronen Zeitung - 02.10.2011

Aufpreis für ein "Happy End"



Wer sich beim "steirischen herbst" in "Sherry's Room" im Zimmer 113 im Hotel Mariahilf begibt, dem steht eine 30-minütige Therapiesitzung mit der New Yorker Performerin Ann Liv Young und ihrem Assistenten bevor. Ein intimes Kammerspiel, das sehr unterhaltsam mit Wahrheit und (Selbst-)Inszenierung spielt.

Auf eine freundliche Begrüßung mit Wasser und Gummibärchen folgt eine Massage - "gegen 20 Euro Aufpreis gibt's ein Happy End", erklärt Sherry. Wer das nicht will, dem wird einfach ein bisschen der Rücken gestreichelt, Sherry schlüpft in die Mutterrolle, singt Lieder und beginnt Fragen zu stellen. Und ehe man sich versieht, hat sich die Therapeutin gefinkelt in privateste und intimste Lebensbereiche vorgekämpft - oder hat man ihr etwa freiwillig von Kindheitstraumata und Ängsten zu erzählen begonnen, die man nun mit Schlägen in ein Kissen zu überwinden versucht?

Die Therapie wird bei Young zum intimen Kammerspiel - die Grenzen zwischen Wahrheit und Belustigung, Ironie und Emotion, Selbstinszenierung und Performance verschwimmen. Und letztlich wird die Therapie auch als lukratives Geschäft enttarnt: Lächerlich dilettantisch sind die Elixiere, der Schmuck und die DVDs, die Sherry nach der Sitzung anbietet. Und trotzdem überlegt man zu kaufen, weil man die kurzen Momente des Glücks mit nach Hause nehmen will.

Christoph Hartner
wukonig.com