Salzburger Nachrichten - 17.10.2011

Unvorhersehbares im Zauberlichtwürfel

Mit einer Performance von Apparatjik ging der "steirische herbst" zu Ende – 40.000 Besucher an 23 Tagen



Auch Supergroup-Mitglieder haben geheime Wünsche und kreative Selbstverwirklichungsziele. Sie wollen abseits der gesicherten Pfade experimentieren und Neues ausprobieren. Und so haben sich Magne Furuholmen (a-ha), Guy Berryman (Coldplay), Jonas Bjerre (Mew) mit dem Produzenten Martin Terefe zusammengeschlossen, um nicht nur den Kommerz, sondern auch das Betriebssystem Kunst zu erobern.

Die von ihnen gegründete Band nennt sich Apparatjik, ihre Show besteht aus einer Videoinstallation und einem Konzert. Mit dem Auftritt von Apparatjik Samstagabend und einem "Last Brunch" in der Bar des Festivaldistrikts am Sonntag ging am Wochenende der "steirische herbst" zu Ende.

Ein Lichtwürfel ist am Samstagabend im Grazer Orpheum gelandet. Einer, auf dem erst Videos mit ironisch-kauzigen Botschaften abgespielt werden und der danach als Bühne für die seltsam verkleidete Formation gilt. Die Apparatjik-Mitglieder tragen silbrige Militäruniformen mit Hirschgeweihen auf den Köpfen, die Inszenierung erinnert an einen intergalaktischen Auftritt der Gruppe Laibach. Von der Bandmitgliedern selbst sind nur Schattenrisse zu sehen, der Kubus bliebt hermetisch geschlossen. Die Akteure sind also sehr nahe und doch sehr entfernt.

In ihrem Zauberwürfel produzieren Apparatjik Synthie Pop mit deutlicher Verwurzelung in den 1980er-Jahren, die mit Videoeinspielungen abwechselnden Songs verleiten bisweilen zum Tanz rund um den gleißenden Lichtwürfel.

Die Musik hinkt der Performance etwas nach, dennoch hat man Verständnis, ja Sympathie für die Intention des Projekts. Zitat Magne Furuholmen: "Wir können hier wieder so etwas wie glückliche Amateure sein! Wir sind die meiste Zeit unseres Lebens Profis, und irgendwann sagst du dir: Genug ist genug, wir wollen etwas von der Freude, der Aufregung und der Energie des Unvorhersehbaren zurück."

Der "steirische herbst" hatte an 23 Festivaltagen in rund 290 Einzelveranstaltungen über 40.000 Besucher. Damit betrage die Auslastung rund 93 Prozent, teilte Intendantin Veronica Kaup-Hasler mit. Sie hob in ihrer Rückschau die Eröffnungsproduktion "Cesena" von Anne Teresa De Keersmaeker und Björn Schmelzer hervor, und sie erwähnte den immer wieder Überraschungen bietenden Festivaldistrikt von Marusa Sagadin. Der "herbst" sei "das Internationalste, was die Steiermark zu bieten hat".

Martin Behr
wukonig.com