Kronen Zeitung - 09.10.2011

Die Rolle des Autors am Theater

Projekt "Welche Welt?" im "steirischen herbst": Steinbuch, Schrettle, Albrecht



Die Rolle des Autors im Theater erforschten Gerhild Steinbuch, Johannes Schrettle und Jörg Albrecht im "herbst"-Projekt "Welche Welt?" (in Kooperation mit uniT). Herausgekommen sind drei sehr unterschiedliche Produktionen, die nicht alle überzeugen konnten. Trotzdem interessant!

Gerhild Steinbuch schickt die Besucher auf einen Audio-Walk durch Stadtpark und Tiefgarage – Johannes Schrettle und die "zweite liga für kunst und kultur" können mit ihrer Produktion eine schlüssige Lösung anbieten. Hektisch verläuft sich dagegen jene Jörg Albrechts mit "copy & waste".

Die Aufgabe an die Autoren war es nicht, einen Text für die Bühne abzuliefern, sondern mit einem Team eine Theater-Produktion zu erarbeiten und damit über die eigene Rolle im Theaterbetrieb zu reflektieren.

Die meiste Erfahrung hat diesbezüglich wohl Johannes Schrettle, der seit Jahren mit der "zweiten liga für kunst und kultur" gemeinsam Stücke entwickelt. Das war auch in "wie wir es tun sollten" im Grazer Theater im Lend spürbar. Ein starker, dichter Text, der darstellerisch, inszenatorisch, musikalisch (Thomas Rottleuthner) und optisch adäquat umgesetzt wurde. Da stimmte einfach alles, einzig gegen Ende hin franste der sonst so stimmige Abend ein wenig aus. Trotzdem eine schöne Produktion, immer punktgenau am schmalen Grat zwischen Banalität und Weisheit, Pathos und Understatement.

Etwas schwieriger wurde es bei Gerhild Steinbuch im Team mit Julie Pfleiderer und ihrer Truppe, wo sich die beiden Inszenierungsteile von "Am Schönsten ist das was bereits verschwunden ist" so gar nicht zusammenfügen wollten. Das lag weniger am Text, der Graz aufgrund seiner Mängel zur Metropole machte, als an dem Versuch zwei sehr unterschiedliche Systeme zusammenzuspannen. Der Audiowalk, wo man von Kärtchen und Kopfhörer geleitet durch die Stadt wandert, ist interessant, die Performance im Heimatsaal dann doch ein wenig zu banal.

Jörg Albrecht und dem Team von "copy & waste" möchte man bei "Die blauen Augen von Terence Hill" hingegen Spekulation vorwerfen. Ein für die deutschen Bühnen maßgeschneiderter Text, der sich von Hartz 4 zu Thilo Sarrazin hangelt und mitunter gar nicht so schlechte Ansätze hätte, wäre es nicht so deutlich, wohin man damit will. Die hektisch über die Bühne getriebene Handlung spielt mit popkulturellen Versatzstücken, dazu kommt noch viel schlechte Musik.

Trotz allen Scheiter-Potenzials hat sich "Welche Welt?" dennoch als ein "herbst"-Projekt entpuppt, bei dem man über eine Fortsetzung nachdenken sollte.


MICHAELA REICHART
wukonig.com