Kronen Zeitung - 01.10.2011

Tanz in einer körperlosen Welt

Den Versuch einer körperfreien Performance unternimmt die ungarische Choreografin Eszter Salamon beim "steirischen herbst" in ihrer Produktion "Tales of the Bodiless".



Sie kommt damit einer kompletten Auflösung der Bühnenwelt ziemlich nahe. Zu sehen noch heute, um 19. 30 Uhr, im Grazer MUMUTH.

Ein einzelner, starrer Moment der Körperlichkeit: Eszter Salamon und Sasa Asenti.

Das Verhältnis zwischen Körper und Tanz hat Salamon bereits vor zwei Jahren im "steirischen herbst" ausgelotet: In "Dance#1/Driftworks" stand die Körperlichkeit noch im Mittelpunkt, bei "Tales of the Bodiless" sind die Körper (fast) gänzlich verschwunden. Text, Raum, Licht und Nebel sind die Materialien, die Salamon choreografiert.

Die ungarische Choreografin führt die Zuseher zu Beginn in ein Moor voller Leichen - unversehrte, wenn auch schon hunderte Jahre tote Menschenhüllen. Von diesen Körpern ohne Leben entwickelt sich das Stück hin zum Leben ohne Körper. Was bleibt, sind einzig die Stimmen, die wie Geister durch den Raum spuken - und die Hunde, die ohne Frauerl und Herrl ihr Dasein fristen.

Die Texte, die Salamon durch diesen körperlosen Äther schickt, funktionieren leider nicht immer so gut, wie etwa in der Moor-Szene. Die minimalistischen Klänge von Cédric Dambrain und Terre Thaemlitz und die Spiele mit Licht und Nebelmaschine wären an vielen Stellen stark genug gewesen, um für sich alleine zu stehen.

So bleibt "Tales of the Bodiless" ein furioses Konzept, das sehr gut, jedoch nicht mit letzter Konsequenz (der tatsächlich spürbaren Annäherung an die Körperlosigkeit und dadurch auch an die Bühnenlosigkeit) umgesetzt wurde.

Christoph Hartner
wukonig.com