Kleine Zeitung / Sieben Tage - 28.09.2011

Im Schein der Großstadt

Ein Streifzug durch den Festivaldistrikt des "steirischen herbst"



Abgesehen von den massiven, nicht gerade schönen (aber praktischen) Holztischen springen einem die Attraktionen des Festivaldistrikts des "steirischen herbst" tagsüber nicht gerade ins Auge. Doch abends beginnt das Leben zu pulsieren und die Stadt in der Stadt zu leuchten. Wir haben uns auf einen Streifzug begeben.

Mit Ironie und Neonröhren hat Maruša Sagadin in der Mariahilferstraße eine Metropole mitten in der Stadt erschaffen.

Schauriges Zimmer: Im Hotel Mariahilf hat sich Hans Rosenström in den Gehörgang der Besucher gebohrt.

Wenn die Sonne untergeht im beschaulichen Graz, geht im Festivaldistrikt des "steirischen herbst" in der Mariahilferstraße der Glanz der Großstadt auf. Dem Schein des Neonlichts sei Dank, das die Distrikt-Gestalterin Maruša Sagadin in großen Lettern an den Häuserfronten befestigt hat. Sie weisen den Weg in die "herbst"-Häuser, in denen auch erst abends das Leben zu pulsieren beginnt.

Im Zimmer 113 des Festival-Hotels etwa, das konstant bespielt wird. Hans Rosenström hat das Zimmer nun einige Tage mit einer schaurig intimen Soundinstallation heimgesucht: knarzende Böden und die Stimme eines Mannes, der sich tief in den Gehörgang der Besucher bohren will. Ab Freitag zieht dann die Amerikanerin Ann Liv Young in das Hotelzimmer ein - und bietet mit "Sherrys Room" halbstündige Therapiesitzungen der besonderen Art.

Therapeutisch und intim geht es auch im "herbst"-Laden zu: einige Tage konnte man dort nun bei "Apparatus 22" seine Albträume abgeben (und bekam dafür schicken, selbstgebastelten Schmuck). Seit gestern kann man dort bei "Cupola Bobber" die kleinen und großen Fragen des Lebens stellen, tauschen und mit nach Hause nehmen - Antworten gibt es aber keine.

Schon traditionellerweise schaukeln Anthony Saxton und sein Team die "herbst"-Bar - die perfekte Anlaufstelle für alle, die während oder nach den Veranstaltungen noch einen Drink einnehmen wollen, oder vor einem Besuch im Club noch ein Happen brauchen. Die Bar ist vor allem aber auch jener Ort, an dem sich Diskurs und Party, Ironie und Charme, Kunst und Alltag zu jenem Flair vermischen, der den heurigen Festivaldistrikt zu einem echten Gewinn für die Stadt macht.


Christoph Hartner
wukonig.com